Forderndes junges Handwerk

Werkraum Bregenzerwald, Mo, 21. November 2022

Das Handwerk im Bregenzerwald hat lange Tradition. Die moderne Arbeitswelt stellt die alteingesessenen Strukturen vor Herausforderungen. Dies gilt für ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen. Denn die Generation Z tritt mit ganz anderen Werten und Vorstellungen an den Arbeitsmarkt heran. Wie sehen diese aus? Und was bedeutet das für Handwerksbetriebe im ländlichen Raum?

Den Vorwurf, dass die jüngste Generation am Arbeitsmarkt, nicht mehr so viel und so hart arbeiten will, wie es die Vorgängergenerationen getan haben, müssen sich junge Menschen oft gefallen lassen. Viele ArbeitgeberInnen und ExpertInnen sind sich einig, die Gen Z – Menschen, die 1997 bis 2012 zur Welt gekommen sind – ist nicht sonderlich motiviert, wenn es um Erwerbsarbeit geht. Ihre Mitglieder wollen verkürzte Arbeitszeiten, eine bessere Work-Life-Balance und sinnstiftende Aufgaben.

Die Austellung "LUOG! – Junges Handwerk im Wald" zeigt die Vielfalt und die Besonderheiten der Lehrberufe im Bregenzerwald.

40 Stunden oder doch 4 Tage

Der Sinn seiner Arbeit ist Markus (Name geändert) auch wichtig. Er ist Lehrling im zweiten Lehrjahr im Bregenzerwald und hat seinen Handwerksberuf bewusst ausgewählt: „Ich will etwas mit meinen Händen tun und am Ende des Tages etwas produziert haben. Das gefällt mir an meiner Arbeit.“ An Motivation mangelt es Markus nicht. Ob er sein Leben lang 40 Stunden die Woche arbeiten möchte, weiß er noch nicht. Die Idee einer Vier-Tage-Woche gefällt ihm eigentlich ganz gut.

Schließlich gibt es neben seiner Arbeit auch viele andere Dinge, die ihn interessieren und die Zeit erfordern: Fußball, Blasmusik und „irgendwann eine Freundin und vielleicht auch Familie.“ Dass solche Überlegungen nicht bei allen im Handwerk gut ankommen, hat Markus schon bemerkt. „Mit meinem Chef hab‘ ich noch nie darüber gesprochen, aber Kollegen haben da eher wenig Verständnis für solche Ideen.“ Das Stereotyp des Handwerks, das lange und harte Arbeit erfordert, ist im Bregenzerwald oft vorherrschend.

Motivierte Mitarbeiterinnen

Einer Vier-Tage-Woche kann Michael Fetz nicht viel abgewinnen. Gemeinsam mit seiner Frau Veronika führt er den Malereibetrieb – ein Familienunternehmen – fetzcolor in Alberschwende in zweiter Generation. „Wir haben zehn Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und die sind alle top motiviert“, erzählt Fetz. Einen Lehrling pro Lehrjahr bildet der Betrieb im Durchschnitt aus. Einen Freitag pro Monat können sich die Angestellten von fetzcolor frei nehmen. „Damit sie auch ihren anderen Interessen nachgehen können.“ Dieser wird allerdings gar nicht von allen im Betrieb immer angenommen. „Bei der verkürzten Arbeitszeit bin ich skeptisch, schließlich muss sich diese auch wirtschaftlich abbilden lassen und die Kosten nicht einfach auf die Kunden und Kundinnen abgewälzt werden“, sagt Fetz. Dass dies aber auch ein Thema im Handwerkbereich ist, weiß er von Kollegen. Malereibetrieb, der bereits eine Vier-Tage-Woche eingeführt hat, ist ihm keiner bekannt. Fetz bemerkt auch, dass sich junge Menschen in Bezug auf ihre Arbeit immer öfters die Sinnfrage stellen. „Bei uns wirkt die Teilnahme an den Landes- und Bundesbewerben motivierend auf die Lehrlinge“, sagt der Malermeister. „Und die Bewerbe stellen zusätzlich die perfekte Vorbereitung für die Lehrabschlussprüfung dar.“ Bei den Berufsweltmeisterschaften World Skills stellte das Unternehmen sogar bereits zweimal TitelträgerInnen.

ArbeitgeberInnen gefordert

Michael Fetz ist überzeugt davon, dass man jungen Menschen als ArbeitgeberIn auch etwas bieten muss. Arbeit geben im reinen Wortsinn ist dabei zu wenig. Faire Bezahlung und gute Arbeitsbedingungen sind eine Selbstverständlichkeit. Für Fetz ist aber vor allem eines zentral: „Wertschätzung.“ Durch die lange Tradition des Handwerks im Bregenzerwald ist diese flächendenkend vorhanden – nicht nur in den Betrieben, sondern in der gesamten Bevölkerung. Das macht die Region auch für Arbeitskräfte von außerhalb attraktiv. „Zwei bis drei Menschen in unserer Belegschaft kommen immer von außerhalb des Bregenzerwalds. Das macht uns natürlich stolz, dass das Handwerk hier bei uns ein Anziehungspunkt für junge Menschen ist“, freut sich Fetz.

Bis zum 14. Jänner 2023 ist die Austellung im Werkraumhaus zu sehen.

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